Dr. Pedro de la Fuente
Hengstweg 5
89231 Neu-Ulm

Frau
Marianne Klappert, MdB
Bundeshaus
53113 Bonn

Neu-Ulm, den 27. April 1998

Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin des Europarats (MBE)

Sehr geehrte Frau Klappert,

Ihr Schreiben vom 15.04.98 habe ich erhalten. Im Gegensatz zu Ihnen und wie bereits in meinem Schreiben vom 21.03.98 dargelegt, sehe ich sehr wohl enge Zusammenhänge zwischen Tierversuchen und Bioethik. Leider fehlt in Ihrem Schreiben eine Begründung gänzlich, warum dies nicht der Fall sein soll, so daß ich mich nur wiederholen könnte. Schade, daß es hier zu keinem Dialog kommen kann.

Was den von Ihnen thematisierten Fundamentalismus anbelangt, so bin ich der Meinung, daß es bei aller Toleranz und Kompromißfähigkeit in der Tat Bereiche gibt, die nicht diskutabel sind. Ich denke, Sie können mir hierbei zustimmen, wenn ich als Beispiele den Schutz der Frau vor Vergewaltigung oder den Schutz von Kindern vor sexuellem Mißbrauch anführe. Für mich gehört auch der Bereich der Menschenwürde dazu, aber hierzu komme ich noch später.

Bezüglich der Tierversuche bin ich insoweit Fundamentalist, daß ich meine, daß Tierversuche aus ethischen und medizinischen Gründen gänzlich abgeschafft gehören. Ich bin aber insoweit Realist, daß ich meine, daß dieses Ziel nur schrittweise erreicht werden kann. Doch selbst kleinste Schritte sind im europäischen Rahmen nicht möglich (Stichwort Tierversuche in der Kosmetik). Trotz der "einheitlich hohen Tierschutzstandards", die Sie erwähnen und die m. E. eher als "einheitlich niedrige Tierschutzstandards" zu bezeichnen sind.

Ich denke, daß die in der Bioethik-Konvention niedergeschriebenen Mini-Standards (schon aufgrund ihrer Unverbindlichkeit (§ 26, § 37) und der Nichteinklagbarkeit durch Einzelne) nicht geeignet sind die Menschenwürde, so wie sie das Grundgesetz Deutschlands kennt, zu garantieren oder zu schützen und deshalb hierzulande indiskutabel sind. Wenn in anderen Ländern unser Schutzniveau nicht erreicht wird, dann ist es sicher gut, wenn diese Länder wenigstens die Konvention unterschreiben. Für Deutschland sind das keine Maßstäbe und es würde völlig reichen, wenn der Bundestag, dem Sie ja angehören, eine Erklärung in diesem Sinne abgeben würde. Aber hier sind ja gänzlich andere Motive im Spiel....

Im übrigen würde ich Ihnen zur Vorsicht raten bei der "vollinhaltlichen" Teilung der Ausführungen Ihrer Fraktionskollegin Margot von Renesse. Sie enthalten eine Reihe von Unrichtigkeiten, von denen ich nur eine herausgreifen möchte: Die als Bestandteil der "Bio-Med-Konvention" erwähnte, klare Definition von "Person" findet sich in keinem Artikel der Konvention wieder, auch nicht sinngemäß. Wer so schreibt, hat sich m.E. selbst als nicht wahrheitsliebend disqualifiziert.

Ich habe die Hoffnung, daß Sie nun, da wohl etwas mehr Zeit zum Überlegen vorhanden ist, und trotz Ihres bestimmt nicht geringen Arbeitspensums versuchen werden, sich eine eigene Meinung über dieses doch so wichtige Thema bilden. Der Konventionstext selbst reicht hierzu nicht aus, denn die Fußangeln sind, das muß man als Gegner zugeben, sehr geschickt verborgen (nicht zuletzt als Reaktion auf die massive Kritik auf die vorhergehenden Entwürfe). Bitte führen Sie sich auch kritische Texte (beispielsweise die in meiner Website http://www.bn-ulm.de/fuente/bioethik/ oder in http://selbsthilfe.seiten.de/sonstiges/bioeth.htm) zu Gemüte und entscheiden Sie sich danach.

Mit freundlichen Grüßen

(gez. Dr. Pedro de la Fuente)
 

P.S. Darüber, daß in dem neuen 49-seitigen SPD-Programm für die Bundestagswahl der Tierschutz lediglich mit dem Satz "Wir wollen den Tierschutz verbessern." angesprochen wird, sind Sie wohl ebenso enttäuscht wie wir. Das wird Ihrer Partei nicht guttun, zumal es für jene Tierschützer, die einen Regierungswechsel möchten, eine Alternative gibt....


urspr. Brief von Frau Klappert

zurück zum 12. Zirkular