Guido Sprügel

 

 

Bioethik-Konvention und der Zugriff der Forschung auf den Menschen

 

 

PAHL-RUGENSTEIN VERLAG

Seit den 80er Jahren vollzieht sich im Bereich der Entwicklung von Biologie und Medizin ein rasender Umbruch. Bisher unvorstellbare Fortschritte, wie z.B. die Entschlüsselung des menschlichen Genoms, die Gentechnik, die Pränataldiagnostik, scheinen dem Menschen die unumschränkte Macht über "die Biologie" zu geben. Konzerne investieren in diesen Bereich, die Biotechnolgie wird zur Standortfrage. Doch der Umbruch findet nicht allein im Bereich der Ökonomie oder im Materiellen/Handfesten statt. Auch im ideologischen Bereich findet ein Umdenken statt: von den allgemeinen Menschenrechten hin zu einer Bewertung des Menschen nach seiner "Biomasse". Der Mensch soll Forschungs­rohmaterial werden. Und da ein Zugriff auf die "Gesunden" nicht so einfach möglich ist, wendet sich das Forschungsinteresse in erster Linie sogenannten nicht­einwilligungs­fähigen Menschen (z.B. Komapatient/innen, Menschen mit einer geistigen Behinderung...) zu.
Die "Bioethik" als ideologisches Gerüst vertritt dabei als Teilethik den Anspruch einer universellen Ethik für das 21. Jahrhundert. Waren es zuerst schillernde Namen wie Peter Singer, die bioethisches Gedankengut utilitaristisch vertraten und dadurch in Deutschland präsent wurden, sind es jetzt Ethikinstitute, Ethikarbeitskreise und die Gremien des Europarates, die sich mit der "Bioethik" beschäftigen.

Der Europarat ließ denn auch im Geheimen eine Konvention für den Bereich der Biomedizin entwickeln, in der dieses Gedankengut europaweit zum gültigen Maßstab für die Forschungen in den Bereichen Biologie und Medizin werden sollte. Was dann als "Bioethik-Konvention" durch eine Bürger/inneninitiative 1994 förmlich ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde, entsprach genau den negativen Erwartungen. Ein breiter Protest regte sich in Deutschland. Der Europarat ließ die Konvention überarbeiten und in veränderter Form 1996 einschließlich dem neuen Titel "Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin" herausgeben. In vielen Ländern des Europarates wurde sie daraufhin unterzeichnet - in Deutschland bis heute nicht. Die Arbeit des Sonderpädagogen Guido Sprügel zeichnet diese Entwicklung der Konvention nach. Detailliert wird die Vorgeschichte der verschiedenen Konventionsentwürfe beschrieben, um dann die einzelnen Entwürfe einfach und anschaulich vorzustellen. Dabei werden nur die wichtigsten Passagen ausführlich erklärt und ihre Gefahren vor allem für nichteinwilligungsfähige Menschen erläutert. Der Autor beschreibt dabei auch die Reaktionen der offiziellen Politik und der gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland. Die Arbeit beinhaltet darüberhinaus einen Vergleich zwischen den Bestimmungen des Menschenrechtsübereinkommens und ausgewählten nationalen und internationalen Vereinbarungen. Den Abschluß der Arbeit bildet eine kenntnisreiche Analyse der Berichterstattung über die Konvention in verschiedenen Fachpublikationen der Behindertenselbsthilfe. Für interessierte Leser/innen werden im Anhang die Originalentwürfe der "Bioethik-Konvention" als Dokumente enthalten sein.

Über den Autor
Guido Sprügel, geb. 1972 in Wuppertal, studierte nach dem Zivildienst an den Universitäten Dortmund und Oldenburg Sonderpädagogik. Im Sommer 1998 hat er seinen Abschluß an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg gemacht. Die letzte Studienphase nutzte er vor allem für die Vertiefung ethischer Fragestellungen und setzte sich intensiv mit den Menschenbildannahmen der Behindertenpädagogik auseinander.


Siehe auch:

http://www.rtm.purespace.de/spruegel/Bioethik/bioethik.html