Europarat
angenommen am 19. November 1996
CDBI (96)26 Vorläufige Arbeitsübersetzung des Bundesministeriums der Justiz (Stand: 19. November 1996)
MENSCHENRECHTSÜBEREINKOMMEN ZUR BIOMEDIZIN
PRÄAMBEL
Die Mitgliedstaaten des Europarats, die übrigen Staaten und die Europäische Gemeinschaft, die dieses Übereinkommen unterzeichnen,
eingedenk der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verkündeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte,
eingedenk der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950;
eingedenk der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961;
eingedenk des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 16. Dezember 1966;
eingedenk des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28. Januar 1981;
eingedenk auch des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989;
in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine größere Einheit unter seinen Mitgliedern herbeizuführen, und daß eines der Mittel zur Erreichung dieses Ziels die Wahrung und Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist; in dem Bewußtsein der raschen Entwicklung in den Bereichen Biologie und Medizin;
überzeugt von der Notwendigkeit der Achtung des Menschen sowohl als Individuum als auch als Mitglied der menschlichen Gattung und in Anerkennung der Bedeutung der Wahrung der Menschenwürde;
in dem Bewußtsein, daß der Mißbrauch von Biologie und Medizin zu Handlungen führen kann, die die Menschenwürde gefährden;
in Bestätigung, daß die Fortschritte in Biologie und Medizin zum Wohl der jetzigen und der künftigen Generationen genutzt werden sollten;
unter Betonung der Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit, damit die Menschheit insgesamt in den Genuß der Errungenschaften von Biologie und Medizin kommen kann;
in der Erkenntnis der Bedeutung, die der Förderung einer öffentlichen Diskussion über die Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von Biologie und Medizin und die darauf zu gebenden Antworten zukommt;
in dem Wunsch, alle Mitglieder der Gesellschaft an ihre Rechte und Verantwortlichkeiten zu erinnern;
unter Berücksichtigung der Arbeit der Parlamentarischen Versammlung auf diesem Gebiet, einschließlich der Empfehlung 1160 (1991) über die Ausarbeitung eines Übereinkommens zur Bioethik;
entschlossen, im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin die Maßnahmen zu ergreifen, die zur Gewährleistung des Schutzes der Menschenwürde und der Grundrechte und -freiheiten erforderlich sind;
sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1 (Zielsetzung und Gegenstand)
Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens schützen die Würde und die Identität aller Menschen und gewährleisten jedem ohne Unterschied die Wahrung seiner Integrität sowie anderer Rechte und Grundfreiheiten im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin.
Jede Vertragspartei ergreift in ihrem innerstaatlichen Recht alle notwendigen Maßnahmen, um den Bestimmungen dieses Übereinkommens Wirkung zu verleihen.
Artikel 2 (Vorrang des Menschen)
Die Interessen und das Wohlergehen des Menschen haben Vorrang vor dem alleinigen Interesse von Gesellschaft oder Wissenschaft.
Artikel 3 (Gleicher Zugang zu Gesundheitsleistungen)
Die Vertragsparteien treffen unter Berücksichtigung der medizinischen Erfordernisse und der verfügbaren Ressourcen geeignete Maßnahmen, die darauf abzielen, innerhalb ihres jeweiligen Rechtssystems jedem gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen von angemessener Qualität zu eröffnen.
Artikel 4 (Grundsätze der Berufsausübung)
Jeder Eingriff im Gesundheitsbereich, einschließlich des Eingriffs zu Forschungszwecken, hat unter Einhaltung der einschlägigen beruflichen Pflichten und berufsethischen Grundsätze zu erfolgen.
Artikel 5 (Allgemeine Bestimmung)
Ein Eingriff im Gesundheitsbereich darf nur vorgenommen werden, wenn der Betroffene nach entsprechender Aufklärung vorher seine freie Einwilligung erteilt hat.
Der Betroffene ist zuvor in angemessener Form über Ziel und Art des Eingriffs sowie über dessen Folgen und Risiken zu informieren.
Der Betroffene kann seine Einwilligung jederzeit aus freien Stücken widerrufen.
Artikel 6 (Schutz einwilligungsunfähiger Personen)
(1) Vorbehaltlich der Artikel 17 und 20 darf ein Eingriff an einer einwilligungsunfähigen Person nur zu ihrem unmittelbaren Nutzen vorgenommen werden.
(2) Ist ein Minderjähriger nach dem Gesetz nicht fähig, in einen Eingriff einzuwilligen, so darf dieser nur mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, einer gesetzlich vorgesehenen Behörde oder Person - oder eines gesetzlich vorgesehenen Gremiums vorgenommen werden.
Die Ansicht des Minderjährigen wird als ein mit zunehmendem Alter und entsprechender Reife an Bedeutung gewinnender Faktor berücksichtigt.
(3) Ist ein Erwachsener aufgrund einer geistigen Behinderung, einer Krankheit oder aus ähnlichen Gründen nach dem Gesetz nicht fähig, in einen Eingriff einzuwilligen, so darf dieser nur mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, einer gesetzlich vorgesehenen Behörde oder Person oder eines gesetzlich vorgesehenen Gremiums vorgenommen werden.
Der Betroffene ist soweit wie möglich in das Einwilligungsverfahren einzubeziehen.
(4) Der Vertreter, die Behörde, die Person oder das Gremium, die in den Absätzen 2 und 3 genannt sind, sind unter Einhaltung der genannten Bedingungen nach Artikel 5 zu informieren.
(5) Die in den Absätzen 2 und 3 genannte Einwilligung kann im wohlverstandenen Interesse des Betroffenen jederzeit widerrufen werden.
Artikel 7 (Schutz von Personen mit einer Geisteskrankheit)
Vorbehaltlich der gesetzlich vorgeschriebenen Schutzbestimmungen, die Aufsichts-, Kontroll- und Widerspruchsverfahren umfassen, kann eine Person, die an einer schwerwiegenden Geisteskrankheit leidet, nur dann ohne ihre Einwilligung einem Eingriff unterzogen werden, der auf eine Behandlung ihrer Geisteskrankheit gerichtet ist, wenn davon auszugehen ist, daß ihr Gesundheitszustand ohne eine solche Behandlung schweren Schaden nimmt.
Artikel 8 (Notfallsituation)
Kann aufgrund einer Notfallsituation die entsprechende Einwilligung nicht eingeholt werden, so kann jeder medizinisch notwendige Eingriff unverzüglich im Interesse der Gesundheit des Betroffenen vorgenommen werden.
Artikel 9 (Zu einem früheren Zeitpunkt geäußerte Wünsche)
Ist ein Patient zum Zeitpunkt des Eingriffs nicht in der Lage, seine Wünsche zu äußern, sind die Wünsche zu berücksichtigen, die er zu einem früheren Zeitpunkt im Hinblick auf einen medizinischen Eingriff geäußert hat.
Artikel 10 (Privatsphäre und Recht auf Information)
(1) Jeder hat das Recht auf Wahrung der Privatsphäre in bezug auf Erkenntnisse über seine Gesundheit.
(2) Jeder hat das Recht, über sämtliche Erkenntnisse informiert zu werden, die über seine Gesundheit gesammelt worden sind. Allerdings ist der Wunsch des einzelnen, über diese Erkenntnisse nicht informiert zu werden, zu beachten.
(3) In Ausnahmefällen kann die Ausübung der in Absatz 2 vorgesehenen Rechte im Interesse des Patienten durch Gesetz eingeschränkt werden.
Artikel 11 (Nichtdiskriminierung)
Jede Form von Diskriminierung einer Person aufgrund ihres genetischen Erbes ist verboten.
Artikel 12 (Prädiktive genetische Tests)
Tests, mit denen genetische Krankheiten prognostiziert werden können oder die entweder dazu dienen, bei einer Person das Vorhandensein eines für eine Krankheit verantwortlichen Gens festzustellen oder eine genetische Disposition oder Anfälligkeit für eine Krankheit zu erkennen, dürfen nur zu gesundheitlichen Zwecken oder für gesundheitsbezogene wissenschaftliche Forschung und vorbehaltlich einer angemessenen genetischen Beratung durchgeführt werden.
Artikel 13 (Eingriffe in das menschliche Genom)
Ein Eingriff, der auf die Veränderung des menschlichen Genoms gerichtet ist, darf nur zu präventiven, diagnostischen oder therapeutischen Zwecken und nur dann vorgenommen werden, wenn er nicht darauf abzielt, irgendeine Veränderung des Genoms von Nachkommen herbeizuführen.
Artikel 14 (Keine Auswahl des Geschlechts)
Die Anwendung von Techniken der Fortpflanzungsmedizin ist für die Auswahl des Geschlechts eines Kindes unzulässig, es sei denn zur Vermeidung schwerwiegender erblicher geschlechtsgebundener Krankheiten.
Artikel 15 (Allgemeine Bestimmung)
Wissenschaftliche Forschung im Bereich von Biologie und Medizin wird vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Übereinkommens und sonstiger Rechtsvorschriften zum Schutz des Menschen frei ausgeübt.
Artikel 16 (Schutz von Personen bei Forschungsvorhaben)
Forschung an einer Person ist nur zulässig, wenn alle im folgenden genannten Voraussetzungen erfüllt sind:
i) Eine Alternative zur Forschung am Menschen von vergleichbarer Wirksamkeit gibt es nicht,
ii) die Risiken, die für die Person entstehen könnten, stehen in keinem Mißverhältnis zum potentiellen Nutzen der Forschung,
iii) das Forschungsprojekt ist von dem zuständigen Gremium gebilligt worden, nachdem es einer unabhängigen Prüfung hinsichtlich seines wissenschaftlichen Wertes einschließlich einer Beurteilung der Bedeutung des Forschungsziels und einer multidisziplinären Überprüfung der ethischen Vertretbarkeit unterzogen worden ist,
iv) die Personen, an denen Forschung vorgenommen wird, sind über ihre Rechte und die zu ihrem Schutz gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen unterrichtet worden,
V) die nach Artikel 5 erforderliche Einwilligung wurde ausdrücklich und spezifisch erteilt und ist urkundlich festgehalten. Diese Einwilligung kann jederzeit aus freien Stücken widerrufen werden.
Artikel 17 (Schutz von einwilligungsunfähigen Personen bei Forschungsvorhaben)
(1) Forschung an einer Person, welche die in Artikel 5 vorausgesetzte Einwilligungfähigkeit nicht besitzt, ist nur zulässig, wenn alle im folgenden genannten Voraussetzungen erfüllt sind:
i) die in Artikel 16 Ziffern i bis iv genannten Voraussetzungen sind erfüllt;
ii) die Forschungsergebnisse sind potentiell für die Gesundheit des Betroffenen von wirklichem und unmittelbarem Nutzen;
iii) Forschung von vergleichbarer Wirksamkeit kann an einwilligungsfähigen Personen nicht vorgenommen werden;
iv) die nach Artikel 6 erforderliche Einwilligung ist spezifisch und in schriftlicher Form erteilt worden und
v) der Betroffene widerspricht nicht.
(2) In Ausnahmefällen und nach Maßgabe der gesetzlich vorgeschriebenen Schutzbestimmungen kann Forschung, die potentiell nicht von unmittelbarem Nutzen für die Gesundheit des Betroffenen ist, unter den in Absatz 1 Ziffern i, iii, iv und v genannten und den nachfolgenden zusätzlichen Voraussetzungen zugelassen werden:
i) die Forschung hat zum Ziel, durch eine spürbare Verbesserung des wissenschaftlichen Verständnisses für den Zustand, die Krankheit oder die Störung der Person dazu bei, zutragen, letztlich Ergebnisse zu erreichen, die geeignet sind, dem Betroffenen oder anderen Personen, die sich in der gleichen Altersstufe befinden oder die an der gleichen Krankheit oder Störung leiden oder sich in dem gleichen Zustand befinden, zu nutzen,
ii) die Forschung geht für den Betroffenen nur mit einem minimalen Risiko und einer minimalen Belastung einher.
Artikel 18 (Forschung an Embryonen in vitro)
(1) Soweit das Recht Forschung an Embryonen in vitro zuläßt, gewährleistet es einen angemessenen Schutz des Embryos.
(2) Die Erzeugung menschlicher Embryonen für Forschungszwecke ist verboten.
Artikel 19 (Allgemeine Bestimmung)
(1) Die Entnahme von Organen oder Gewebe von Lebendspendern für Transplantationszwecke darf nur zum therapeutischen Nutzen des Empfängers und nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen es kein passendes Organ oder Gewebe einer verstorbenen Person gibt und eine andere alternative therapeutische Methode von vergleichbarer Wirksamkeit nicht zur Verfügung steht.
(2) Die nach Artikel 5 erforderliche Einwilligung muß ausdrücklich und spezifisch entweder in schriftlicher Form oder vor einem offiziellen Gremium erteilt worden sein.
Artikel 20 (Schutz von einwilligungsunfähigen Personen bei Organentnahme)
(1) Die Entnahme von Organen oder Gewebe darf an einer Person, welche die Einwilligungsfähigkeit nach Artikel 5 nicht besitzt, nicht vorgenommen werden.
(2) In Ausnahmefällen und nach Maßgabe der gesetzlich vorgeschriebenen Schutzbestimmungen kann die Entnahme regenerierbaren Gewebes bei einer einwilligungsunfähigen Person zugelassen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
i) Ein passender einwilligungsfähiger Spender steht nicht zur Verfügung,
ii) der Empfänger ist ein Bruder oder eine Schwester des Spenders,
iii) die Spende muß geeignet sein, das Leben des Empfängers zu retten,
iv) die nach Artikel 6 Absätze 2 und 3 erforderliche Einwilligung wurde spezifisch und in schriftlicher Form in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen und mit Zustimmung der zuständigen Gremien erteilt,
v) der betreffende potentielle Spender widerspricht nicht.
Artikel 21 (Verbot der Erzielung eines finanziellen Gewinns)
Der menschliche Körper und Teile davon dürfen als solche nicht zur Erzielung eines finanziellen Gewinns verwendet werden.
Artikel 22 (Weiterverwendung eines entnommenen Körperteils)
Wird im Verlaufe eines Eingriffs ein Teil des menschlichen Körpers entnommen, so darf er nur dann zu einem anderen Zweck als jenem, der bei der Entnahme vorgesehen war, aufbewahrt und verwendet werden, wenn dies in Übereinstimmung mit angemessenen Aufklärungs- und Einwilligungsverfahren geschieht.
Artikel 23 (Verletzung der Rechte oder Grundsätze)
Die Vertragsparteien sehen einen geeigneten rechtlichen Schutz vor, um eine Verletzung der in diesem Übereinkommen enthaltenen Rechte und Grundsätze kurzfristig zu verhindern oder zu unterbinden.
Artikel 24 (Entschädigung für unbillig erlittenen Schaden)
Eine Person, die infolge eines Eingriffs unbilligen Schaden erlitten hat, hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach Maßgabe der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen und Verfahren.
Artikel 25 (Sanktionen)
Die Vertragsparteien sehen geeignete Sanktionen für Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Übereinkommens vor.
Artikel 26 (Einschränkungen im Hinblick auf die Ausübung der Rechte)
(1) Einschränkungen im Hinblick auf die Ausübung der in diesem Übereinkommen vorgesehenen Rechte und Schutzbestimmungen sind nur zulässig, soweit sie gesetzlich vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der öffentlichen Sicherheit, zur Verbrechensverhütung, zum Schutz der öffentlichen Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer erforderlich sind.
(2) Die in Absatz 1 vorgesehenen Einschränkungen dürfen nicht auf die Artikel 11, 13, 14, 16, 17, 19, 20 und 21 angewendet werden.
Artikel 27 (Weiterreichender Schutz)
Keine der Bestimmungen dieses Übereinkommens darf dahingehend ausgelegt werden, daß sie die Möglichkeit einer Vertragspartei, einen über die Bestimmungen dieses Übereinkommens hinausreichenden Schutz im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin zu gewähren, einschränkt oder in anderer Weise berührt.
Artikel 28 (Öffentliche Diskussion)
Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens tragen dafür Sorge, daß die von den Entwicklungen in Biologie und Medizin aufgeworfenen grundlegenden Fragen Gegenstand einer geeigneten öffentlichen Diskussion, vor allem unter Berücksichtigung der entsprechenden medizinischen, sozialen, wirtschaftlichen, ethischen und rechtlichen Auswirkungen, sein werden und daß über deren mögliche Anwendung geeignete Konsultationen stattfinden.
Artikel 29 (Auslegung des Übereinkommens)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kann ohne unmittelbare Bezugnahme auf bestimmte anhängige Gerichtsverfahren beratende Stellungnahmen zu Rechtsfragen in bezug auf die Auslegung dieses Übereinkommens abgeben, und zwar auf Ersuchen:
- der Regierung einer Vertragspartei nach Unterrichtung der anderen Vertragsparteien,
- des nach Artikel 32 eingerichteten Ausschusses, wobei die Mitgliedschaft auf Vertreter der Vertragsparteien dieses Übereinkommens beschränkt ist, durch einen mit einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen angenommenen Beschluß.
Artikel 30 (Berichte über die Anwendung des Übereinkommens)
Nach Eingang eines Ersuchens des Generalsekretärs des Europarats legt jede Vertragspartei Erläuterungen dazu vor., wie sie eine wirksame Durchführung aller Bestimmungen des Übereinkommens nach ihrem innerstaatlichen Recht gewährleistet.
Artikel 31 (Protokolle)
Nach Artikel 32 können Protokolle ausgearbeitet werden, um die in diesem Übereinkommen enthaltenen Grundsätze für bestimmte Bereiche weiterzuentwickeln.
Diese Protokolle liegen für die Unterzeichner des Übereinkommens zur Unterzeichnung auf. Sie bedürfen der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Ein Unterzeichner darf die Protokolle nicht ratifizieren, annehmen oder genehmigen, ohne vorher oder gleichzeitig das Übereinkommen ratifiziert, angenommen oder genehmigt zu haben.
Artikel 32 (Änderungen des Übereinkommens)
(1) Die dem "Ausschuß" durch diesen Artikel und Artikel 29 übertragenen Aufgaben werden vom Lenkungsausschuß für Bioethik (CDBI) oder von einem anderen vom Ministerkomitee hierzu bestimmten Ausschuß wahrgenommen.
(2) Unbeschadet der besonderen Bestimmungen von Artikel 29 kann jeder Mitgliedstaat des Europarats sowie jede Vertragspartei dieses Übereinkommens, die kein Mitglied des Europarats ist, in dem Ausschuß vertreten sein und über eine Stimme verfügen, wenn der Ausschuß die ihm durch dieses Übereinkommen übertragenen Aufgaben ausfährt.
(3) Jeder in Artikel 33 erwähnte oder nach Artikel 34 zum Beitritt zu dem Übereinkommen eingeladene Staat, der nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, kann in dem Ausschuß durch einen Beobachter ve5treten sein. Ist die Europäische Gemeinschaft nicht Vertragspartei, so kann sie im Ausschuß durch einen Beobachter vertreten sein.
(4) Um den wissenschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen, wird dieses Übereinkommen spätestens fünf Jahre nach dem Datum des Inkrafttretens und danach in Zeitabschnitten, die vom Ausschuß festzulegen sind, von diesem geprüft.
(5) Jeder von einer Vertragspartei, dem Ausschuß oder dem Ministerkomitee unterbreitete Vorschlag zur Änderung dieses Übereinkommens und jeder Vorschlag eines Protokolls oder einer Protokolländerung wird dem Generalsekretär des Europarats zur Kenntnis gebracht; dieser leitet ihn den Mitgliedstaaten des Europarats, der Europäischen Gemeinschaft, jedem Unterzeichner, jeder Vertragspartei, jedem zur Unterzeichnung dieses Übereinkommens nach Artikel 33 eingeladenen Staat und jedem zum Beitritt zu dem Übereinkommen nach Artikel 34 eingeladenen Staat zu.
(6) Der Ausschuß prüft den Vorschlag frühestens zwei Monate nach der nach Absatz 5 vorgenommenen Weiterleitung des Vorschlags durch den Generalsekretär. Der Ausschuß leitet den von einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen angenommenen Text dem Ministerkomitee zur Genehmigung zu. Nachdem dieses seine Genehmigung erteilt hat, wird der Text den Vertragsparteien zur Ratifikation, Annahme oder Genehmigung zugeleitet.
(7) Jede Änderung tritt für die Vertragsparteien, die sie angenommen haben, am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von einem Monat nach dem Tag folgt, an dem fünf Vertragsparteien, darunter mindestens vier Mitgliedstaaten des Europarats, den Generalsekretär über ihre Annahme der Änderung unterrichtet haben.
Für jede Vertragspartei, welche die Änderung später annimmt, tritt sie am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von einem Monat nach dem Tag folgt, an dem die Vertragspartei den Generalsekretär über die Annahme der Änderung unterrichtet hat.
Artikel 33 (Unterzeichnung, Ratifikation und Inkrafttreten)
(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, für die Nichtmitgliedstaaten, die an seiner Ausarbeitung beteiligt waren, und für die Europäische Gemeinschaft zur Unterzeichnung auf.
(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
(3) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Staaten, darunter mindestens vier Mitgliedstaaten des Europarats, ihre Zustimmung ausgedruckt haben, durch das Übereinkommen nach Absatz 2 gebunden zu sein.
(4) Für jeden Unterzeichner, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Artikel 34 (Nichtmitgliedstaaten)
(1) Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats nach Konsultierung der Vertragsparteien durch einen Beschluß, der mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefaßt worden ist, jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
(2) Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft-, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag der Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
Artikel 35 ( Hoheitsgebiete)
(1) Jeder Unterzeichner kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet. Jeder andere Staat kann bei der Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde dieselbe Erklärung abgeben.
(2) Jede Vertragspartei kann zu jedem späteren Zeitpunkt durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, für dessen internationale Beziehungen sie verantwortlich ist oder für die sie befugt ist, Verpflichtungen einzugehen. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag des Eingangs der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
(3) Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag des Eingangs einer solchen Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 36 (Vorbehalte)
(1) Jeder Staat und die Europäische Gemeinschaft können bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde einen Vorbehalt zu jeder einzelnen Bestimmung dieses Übereinkommens anbringen, wenn ein in ihrem Hoheitsgebiet geltendes Gesetz nicht in Einklang mit dieser Bestimmung steht. Vorbehalte allgemeiner Art sind nach diesem Artikel nicht zulässig.
(2) Ein aufgrund dieses Artikels angebrachter Vorbehalt ist zusammen mit einer kurzen Darstellung des betreffenden Gesetzes anzubringen.
(3) Jede Vertragspartei, welche die Anwendung dieses Übereinkommens auf ein Hoheitsgebiet erstreckt, das in der in Artikel 35 Absatz 2 aufgeführten Erklärung erwähnt ist, kann in bezug auf das betreffende Hoheitsgebiet einen Vorbehalt nach den Absätzen 1 und 2 anbringen.
(4) Jede Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach diesem Artikel angebracht hat, kann ihn durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung zurücknehmen. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von einem Monat nach dem Tag des Eingangs beim Generalsekretär folgt.
Artikel 37 (Kündigung)
(1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
(2) Diese Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag des Eingangs der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 38 (Notifikationen)
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates, der Europäischen Gemeinschaft, jedem Unterzeichner, jeder Vertragspartei und jedem anderen Staat, der zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladen worden ist:
a) jede Unterzeichnung,
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach Artikel 33 oder 34;
d) jede Änderung und jedes Protokoll, die nach Artikel 32 angenommen worden sind, und das Datum des Inkrafttretens einer solchen Änderung oder eines solchen Protokolls;
e) jede nach Artikel 35 abgegebene Erklärung;
f) jeden Vorbehalt und jede Rücknahme des Vorbehalts nach Artikel 36;
g) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu ... am ... in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer einzigen Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, der Europäischen Gemeinschaft, allen Nichtmitgliedstaaten, die an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt waren, und allen zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.